Alfred Pringsheim

* 2. September 1850 Ohlau (Schlesien) / † 25. Juni 1841 Zürich
Mathematiker, Mäzen

Alfred Pringsheim war das einzige Kind einer sehr wohlhabenden jüdischen Unternehmerfamilie. Sein Vater Rudolf Pringsheim hatte maßgeblichen Anteil an der industriellen Erschließung des Kohlenbergbaus in Preußen. Alfred Pringsheim studierte Mathematik in Berlin und Heidelberg, seit 1875 lebte er in München; an der dortigen Maximilians-Universität begann er eine glanzvolle akademische Karriere. Er war seit 1878 mit der Schauspielerin Gertrude Hedwig Anna Dohm verheiratet, mit der er fünf Kinder hatte. Seine Tochter Katharina (Katia) wurde die Ehefrau von Thomas Mann.

Alfred Pringsheim war ein versierter Pianist. Er beschäftigte sich intensiv mit den Werken Richard Wagners und veröffentlichte Bearbeitungen von "Tristan und Isolde" für Kammerensemble. Noch als Student in Berlin förderte er die ersten Bayreuther Festspiele mit dem Erwerb von fünf Patronatsscheinen im Wert von je 900 Mark. Vermutlich hat Pringsheim das Bayreuther Unternehmen auch mit weiteren finanziellen Zuwendungen unterstützt. Zu den Festspielen 1876 reiste er frühzeitig an und konnte daher sowohl die Bühnenproben wie auch die späteren Aufführungen besuchen. Das erst kürzlich entdeckte Tagebuch Pringsheims belegt, dass er von den Aufführungen im Bayreuther Festspielhaus enttäuscht war. Insbesondere die Akustik erschien ihm "miserabel". Über seinen ersten Besuch einer Probe zur "Götterdämmerung" schrieb Pringsheim:

"Gegen halb fünf bei strömendem Regen zur Probe (Götterdämmerung, Act II mit Scene und Orchester). Es finden sich neben zahlreichen Schönheiten doch große Strecken absoluter musikalischer Oede, ein Herumwühlen in den Motiven, ein bizarres Herumspringen in den entlegensten Intervallen, dann wird wieder ein nichts weniger als melodisches Motiv der Bässe (Hagen’s Rache) unaufhörlich zu Tode gehetzt, die Singstimmen unglaublich maltraetirt. Natürlich giebt es auch zahlreiche Ausnahmen. Dazu gehört vor allem die ganze Mannen-Scene - von einer ganz originalen und packenden Wirkung. Die Probe geht im ganzen sehr gut. Doch fühle ich mich nach derselben entsetzlich deprimirt. Der Grund hiervor liegt hauptsächlich in der Erkenntniß der miserablen Akustik: man hört vorläufig kein einziges feineres Détail des Orchesters, die zahlreichen Figurationen der Violinen gehen fast sämmtlich völlig verloren, von dem Texte versteht man oft auf lange Strecken nicht eine Sylbe. Es scheint mir etwas gar zu sanguinisch, wenn man glaubt, daß sich diese Übelstände sofort heben werden, wenn nur der Zuschauerraum gefüllt ist. Ich habe über diesen Punkt Abend’s einen lebhaften Streit mit Rubinstein, welcher in Bezug auf alles von Wagner ausgehende von einem wahrhaft verbohrten Optimismus ist".

Alfred Pringsheim verlor bereits während des Ersten Weltkriegs den größten Teils seines Vermögens, das er in Kriegsanleihen des Deutschen Kaiserreichs investiert hatte. Im Jahr 1933 wurde sein Haus in München zwangsweise an die NSDAP verkauft und abgerissen. Auf dem Grundstück wurde der "Führerbau" errichtet, ein Repräsentationsgebäude, in dem 1938 das Münchener Abkommen unterzeichnet wurde. Pringsheim gelang am 31. Oktober 1939 die Ausreise in Schweiz, er starb am 25. Juni 1941 verarmt in Zürich. Der Nachlass Alfred Pringsheims, darunter möglicherweise sein Briefwechsel mit Richard Wagner, wurde von seiner Ehefrau verbrannt. Das "Bayreuther-Tagebuch" schenkte sie dem in der Schweiz lebenden Enkel Richard Wagners, Franz Beidler, der die Trauerrede auf Pringsheim gehalten hatte.